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Auf ein Wort: Gedanken zum Sonntagsevangelium

20.05.2016

Die Beziehungsqualität des dreieinigen Gottes

Darstellung der Dreifaltigkeit auf einer Prozessionstafel in der Kirche von Groß- nottersdorf. Foto: Kreitmeier

Darstellung der Dreifaltigkeit auf einer Prozessionstafel in der Kirche von Groß- nottersdorf. Foto: Kreitmeier

Das Fest der Heiligen Dreifaltigkeit geht nicht auf ein Ereignis ein, sondern auf einen theologischen Inhalt. Gefeiert wird der zentrale Inhalt unseres Glaubens: Gott ist Vater, Sohn und Heiliger Geist. Ein „erweiterter Monotheismus“ bildet die Grundlage unseres christlichen Gottesbildes, ganz im Gegensatz zum strengen Monotheismus des Judentums und des Islam. Auf einigen Konzilien hat die Kirche darum gerungen, wie ein monotheistischer Glaube sich auf drei Personen beziehen kann. Die Formulierung der „Wesenseinheit Gottes in drei Personen“ war die Frucht vieler Überlegungen und Auseinandersetzungen unterschiedlicher theologischer Meinungen.

Doch was bedeutet der Glaube an die Dreieinigkeit für uns im Alltag, wie prägt er unser Denken und Handeln? An die „Wesenseinheit in drei Personen“ zu glauben – das ist absolut gegen den Trend unserer Zeit.

Selbstverwirklichung und Individualismus prägen unseren derzeitigen Personbegriff. Eine Person, das ist heute eher ein vereinzeltes Wesen, ein einzigartiger Mensch, der seinen Weg gefunden hat, sich gegenüber anderen durchsetzen kann, autonom und nicht abhängig von anderen sein Leben zu gestalten weiß. Das hat übrigens viel mit Geld und Gesundheit zu tun. Denn die armen, angewiesenen, die kranken, behinderten Menschen unserer Gesellschaft haben keinen Zugang zu solch einem selbstbestimmten Leben.

Doch dieser Personbegriff unserer Zeit ist nicht unbedingt sinnvoll und tatsächlich erstrebenswert. Schon in der Antike wurde Person immer so verstanden, dass niemand isoliert, niemand vereinzelt leben kann. Personsein bedeutete immer: in Beziehung stehen, zu einer Gemeinschaft gehören, für andere und mit anderen denken und handeln. Unsere gegenwärtigen Auffassungen einer eigenständigen Person grenzen eher an egozentrische, fast autistische Lebensweisen. Das ist allerdings für unsere gesellschaftliche Entwicklung fatal.

Und hier hat der scheinbar so schwierig zu verstehende Glaube an einen trinitarischen Gott, eine geradezu politische Bedeutung. Jede und jeder Einzelne von uns wird nur überleben können, wenn sie und er sich als Teil einer Gemeinschaft versteht, für die es sich einzusetzen gilt, von der aber auch viel zu empfangen ist. Miteinander und füreinander zu leben, schafft Gemeinschaft, schafft Beziehung und ermöglicht eine Gesellschaft, in der auch diejenigen, die auf der Flucht sind, Heimat finden. Denn darum geht es ja einzig und allein. Wir alle wollen Heimat finden – beieinander. Diese personale Heimat bei anderen ist uns aber nur möglich, weil wir geschaffen sind durch einen Gott, der in sich selbst eine Beziehungs-Heimat ist.

Im Evangelium des heutigen Sonntags spricht Jesus von seiner Heimat beim Vater. Alles, was der Vater hat, gehört auch Jesus. Und von dem, was der Vater und der Sohn haben, wird uns der Heilige Geist verkünden. Heimat haben heißt demnach, miteinander so in Beziehung stehen, dass Mein und Dein nicht als Besitz aufzufassen sind. Das ist die Beziehungsqualität des Dreifaltigen Gottes. Wie sehr würde eine solche Beziehungsauffassung uns allen not tun und uns als Personen fördern und reifen lassen. Wie sehr aber würde eine solche Beziehung des Miteinander und Beieinander vor allem denen entgegen kommen, die Heimat suchen.

Dr. Bettina-Sophia Karwath, Kirchenzeitung vom 22.05.2016

Dr. Bettina-Sophia Karwath wurde 1966 in Nürnberg geboren.  Sie studierte in Bamberg, Rom und Würzburg Theologie, Philosophie und Psychologie und promovierte sich mit einer Arbeit über Simone Weil. Sie war Lehrbeauftragte an der Uni Würzburg, Religionslehrerin und kennt die katholische Verbandsarbeit durch ihre Tätigkeit beim kfd. Bevor sie in diesem Jahr Theologische Referentin im diözesanen Tagungshaus Schloss Hirschberg wurde, war sie acht Jahre lang wissenschaftliche Mitarbeiterin am "Lehrhaus für Psychologie und Spiritualität" in Marktheidenfeld.

Lesungen zum Dreifaltigkeitssonntag am 22. Mai 2016

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