Auf ein Wort: Gedanken zum Sonntagsevangelium
Versöhnung statt Zorn und Hass
Wenn man das Evangelium vom heutigen Sonntag auf sich wirken lässt, könnte man auf den ersten Eindruck meinen, dass Jesus die Gebote des Alten Testaments noch verschärft. Doch bei genauerem Hinsehen merkt man, dass Jesus zuspitzt und auf die Haltung zielt, die hinter jedem Gebot stehen soll. Es geht ihm um die rechte Gesinnung, ja um die wahre Gerechtigkeit. Ich greife zwei dieser Forderungen Jesu auf:
Die erste Forderung: „Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt worden ist: Du sollst nicht töten; wer aber jemand tötet, soll dem Gericht verfallen sein. Ich aber sage euch: Jeder, der seinem Bruder auch nur zürnt, soll dem Gericht verfallen sein.“
Auf den ersten Blick klingt dieses Wort weltfremd. Wer wird denn nicht mal zornig? Und wer hat noch nicht im Zorn gedroht? Doch Jesus geht es hier um die Gesinnung, um die innere Haltung. Er weiß: Zorn ist gefährlich. Er paart sich oft mit Neid. Aus Zorn und Neid können schlimme Dinge erwachsen, wie zum Beispiel der Brudermord (unsere Abb.). In Gen 4,5 heißt es: „Kain wurde sehr zornig und er senkte sein Angesicht.“ Im Zorn erschlug er seinen Bruder Abel. Und weil aus dem Zorn schlimme Dinge hervorgehen können, gehört der Zorn zu den sieben Hauptsünden.
Weiter gilt es zu bedenken: Zorn und Hass können Leben vergiften. Wie verletzend kann ein einziges Wort sein, das ja nicht nur einmal verwundet, sondern immer wieder trifft. Es geht Jesus bei seinen Worten im Tieferen um die Gesinnung einer lauteren Nächstenliebe.
Die zweite Forderung: „Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst nicht die Ehe brechen. Ich aber sage euch: Jeder, der eine Frau ansieht, um sie zu begehren, hat in seinem Herzen schon Ehebruch mit ihr begangen.“
Auch diese Formulierung klingt weltfremd. Wem sind nicht schon mal die Gedanken im Umfeld des 6. Gebotes abgeschweift? Wer hat nicht schon mal einen Film angeschaut, bei dem gegen das 6. Gebot verstoßen wurde? Aber das meint Jesus nicht, es geht ihm um die innere Gesinnung, in diesem Fall um die Haltung der Treue. Und wenn Jesus diese Thematik anspricht, dann weiß er, dass es auch im 6. Gebot Versuchungen gibt.
Und Jesus weiß weiter, dass die eheliche Treue mit Abschluss der Trauung nicht ein für allemal gesichert ist. Es muss ständig daran gearbeitet und darum gerungen werden. Es braucht bei den Eheleuten das Bewusstsein: Ich bin an meinen Ehepartner verschenkt, wir haben uns aneinander gebunden und verschenkt. Dieses Bewusstsein gilt es zu pflegen. Und das geht wiederum nur, wenn sich die Eheleute füreinander Zeit nehmen, gemeinsam Zeit verbringen, und die Liebe zueinander immer wieder erneuern. Ganz konkret braucht es dafür Zeiten für das Gespräch. Es gilt zu lernen, dass bei sogenannten Ehegesprächen alle Themen angesprochen werden können.
Jesus legt bei seiner Ethik der Bergpredigt die Messlatte ganz schön hoch. Er zielt auf die lautere und rechte Gesinnung, die hinter jeder Erfüllung eines Gebotes stehen soll.
Ich möchte schließen mit Worten aus
dem jüdischen Talmud:
„Achte auf deine Gedanken, denn sie werden zu Worten.
Achte auf deine Worte, denn sie werden zu Handlungen.
Achte auf deine Handlungen, denn sie werden zu Gewohnheiten.
Achte auf deine Gewohnheiten, denn sie werden dein Charakter.
Achte auf deinen Charakter, denn er wird dein Schicksal.“
Dompropst Alfred Rottler, Nr. 7 vom 12. Februar 2023 - Evangelium Mt 5, 17–37
Der ist ein freier Mensch, der tun kann, was er will – stimmt das?
Es könnte stimmen, wenn nur die Worte den rechten Sinn hätten.
Aber was heißt „wollen“, und was heißt „können“?
Zu bedenken ist jedenfalls auch dieser andere Satz:
Frei ist nur der Mensch, der auch das zu tun vermag, was er nicht will;
mit anderen Worten: der Mensch, der gehorchen kann.
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