Beim weltweiten Pfadfinder-Treffen
Zwischen Gunzenhausen und Seoul liegen fast 9.000 Kilometer und rund elf Flugstunden. Aber Felix Salomon (24), Lukas Fleichaus und Fabian Ditz (beide 16) sollte das nicht aufhalten. Die drei, die seit ihrem sechsten Lebensjahr Mitglieder der Deutschen Pfadfinderschaft St. Georg (DPSG) im Stamm Gunzenhausen sind, reisten im August auf eigene Kosten nach Südkorea zum Weltpfadfindertreffen „World Scout Jamboree“ (WSJ) mit fast 50.000 Teilnehmenden aus 153 Ländern. Rund 2.200 kamen aus Deutschland, darunter mit der Spalter Georgspfadfinderin Annika Flock eine weitere Vertreterin aus dem Bistum Eichstätt. So wie Felix Salomon war auch sie als Leiterin bei dem riesigen Event dabei, das einen außergewöhnlichen Verlauf nehmen sollte.
Das WSJ findet seit 1920 alle vier Jahre statt. Kinder und Jugendliche im Alter von 13-17 Jahren entdecken die internationale Vielfalt des Pfadfindens und lernen andere Kulturen kennen. Das deutsche Kontingent setzt sich aus Aktiven der Dachorganisation „Ring deutscher Pfadfinder* innenverbände“ zusammen, der fünf Verbände umfasst: Die Deutsche Pfadfinderschaft Sankt Georg (DPSG), den Verband Christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder (VCP), den Bund der Pfadfinderinnen und Pfadfinder (BdP), die Pfadfinderinnenschaft St. Georg (PSG) und den Bund Moslemischer Pfadfinder und Pfadfinderinnen Deutschlands (BMPPD).
Zelten am Gelben Meer
Nach der Anmeldung, die schon vor zwei Jahren erfolgte, hatten sich die deutschen Teilnehmenden in ihren „Units“, jeweils bestehend aus 36 Kindern und Jugendlichen und vier Leiterinnen oder Leitern, auf die drei Wochen in Südkorea vorbereitet. Die Einheit, die von Felix Salomon, Annika Flock und zwei weiteren Betreuern geleitet wurde, traf sich in Frankfurt zum gemeinsamen Flug nach Südkorea. In einer Vortour erkundete die Gruppe Seoul, unter anderem die demilitarisierte Zone zwischen Süd- und Nordkorea. Der Wunsch nach Wiedervereinigung eines geteilten Landes, wie es in Deutschland nach dem Mauerfall geschah, bewege auch die Menschen in Korea, gibt Salomon seinen Eindruck wieder.
In Seoul stimmten sich all jungen Leute des deutschen Kontingents vier Tage lang auf das Jamboree ein und erlebten ein breitgefächertes Rahmenprogramm aus landestypischen, kulturellen und sportlichen Aktivitäten. Dann ging es weiter zum 2.000 Hektar großen WJSGelände an der Küste des Gelben Meeres. Der Platz, der wegen zurückliegender massiver Niederschläge noch teils unter Wasser stand, war mit Paletten notdürftig begehbar gemacht worden. Die deutschen Gäste bauten ihre typischen Schwarzzelte auf und zogen damit die Blicke der anderen Nationen auf sich. Die große Eröffnungszeremonie mit Einzug der Fahnen aller teilnehmenden Länder und Grußworten des koreanischen Präsidenten war der Startschuss für die internationale Begegnung mit Tausch von Halstüchern und Aufnähern und für ein buntes Programm. Am „Tag der Kulturen“ stellten sich alle gegenseitig ihr Heimatland vor. In den „Foodhouses“ konnte man sich kulinarisch durch verschiedene Länder probieren.
Die Stimmung unter den Gästen aus dem Bistum Eichstätt blieb gut, trotz teils schwieriger äußerer Umstände mit anfangs zu wenigen Toiletten und Duschen und Mangel an schattigen Plätzen auf dem künstlich aufgeschütteten Areal, das früher einmal ein Reisfeld gewesen war. Mittlerweile hatte Südkorea bei Temperaturen bis zu 40 Grad Celsius den Hitze- Notstand ausgerufen. Die staatlichen Organisatoren brachten klimatisierte Busse aufs Gelände, in denen sich die Teilnehmenden vorübergehend abkühlen konnten, sie verteilten Sonnencreme, Sonnenhüte, Ventilatoren, Schirme und Wasser. Die medizinische Versorgung vor Ort war ständig gewährleistet. Die britische Delegation zog dennoch die Reißleine: Sie verließ das Terrain, zusammen mit den Amerikanern.
Fortsetzung in Seoul
Die verbliebenen rund 40.000 jungen Menschen, darunter auch die deutschen Gäste, konnten jedoch ebenfalls nicht planmäßig bis zum Ende des Treffens auf dem Platz bleiben: nach einer Woche wurde dieser offiziell komplett geräumt. Denn zu allem Überfluss hatte sich der Taifun „Khanun“ angekündigt, der auf die südkoreanische Küste zusteuerte. Für die Evakuierung zollt Salomon den Veranstaltern großes Lob: Noch bevor Gerüchte oder gar Panik entstehen konnten, hätten sie die Verlegung innerhalb von 24 Stunden abgewickelt, „vorher war noch Zeit, in Ruhe die Zelte abzubauen“. Auch sei seine Gruppe die ganze Zeit zusammengeblieben.
In Bussen ging es nun erneut nach Seoul. Salomon und seine Gruppe waren in einem Studentenheim untergebracht und schoben keine Langeweile – denn das Jamboree ging weiter. Die Gastgeber organisierten ein Rahmenprogramm an den neuen Standorten. Die „Closing Ceremony“, die Abschlussveranstaltung, mit K-Pop-Konzert und Feuerwerk wurde kurzfristig ins Stadion nach Seoul verlegt.
Nach der Rückkehr lautet die Bilanz aus Gunzenhausener Sicht: „Wir haben viele Menschen aus der ganzen Welt kennengelernt. Es waren tolle Erlebnisse und Erfahrungen.“ Bei aller Verschiedenheit der aus der ganzen Welt angereisten Gruppen habe man doch so etwas wie einen gemeinsamen Grundgedanken gespürt, fasst Salomon zusammen.
Das nächste Weltpfadfindertreffen wird 2027 in Polen stattfinden. Vom Bistum Eichstätt aus bedarf es dann keiner Flugreise, worüber Salomon durchaus froh ist. Denn, so blickt er selbstkritisch auf das Abenteuer Südkorea zurück, mit dem pfadfinderischen Umweltgedanken sei eine kurze Anreise eher vereinbar als ein Trip um die halbe Welt.
Barbara Ditz/gg
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