Krankenbett und Katechese
Bei einer Reise nach Ghana lernten sie Land und vor allen Dingen Leute kennen. Stefan Eberl und Laura Dotzer besuchten gemeinsam mit einer Gruppe des Arbeitskreises Ghana (AK) des Diözesanverbands des Bunds der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) im September 2022 das westafrikanische Land (die KiZ berichtete) und die Partnerorganisation „Catholic Organisation for Social and Religious Advancement“ (COSRA) der Diözese Koforidua. Die Kontakte, die sie damals knüpften, nutzten beide, um für Praktika wieder zurückzukehren. Ein Bischof und eine Pandemiebeauftragte halfen dabei.
Luxusgut: Gesundheit
Seit 1998 gibt es eine Partnerschaft zwischen den beiden Verbänden (siehe Beitrag unten). Immer wieder treffen sich die Mitglieder des AK Ghana, planen Veranstaltungen oder den regelmäßigen Partnerschaftsgottesdienst, organisieren Solidaritätsaktionen oder bereiten sich auf eine Reise nach Ghana vor. „Fachkräfteaustausch“ nennt sich das offiziell. Beim jüngsten Austausch vor rund einem halben Jahr gehörte Laura Dotzer zur achtköpfigen Eichstätter Delegation. Auf dem Programm standen neben Besichtigungen und Begegnungen auch verschiedene Vorträge, die die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Eichstätter Delegation und aus dem COSRA-Verband hielten. Dotzer, die im achten Semester Medizin an der Universität in Würzburg studiert, sprach damals über die Corona-Lage in Deutschland. Den ghanaischen Part übernahm Esther Avoka, die Pandemiebeauftragte einer großen Klinik, des „Eastern Regional Hospital Koforidua“ (ERHK). Nach den Vorträgen kam Dotzer mit ihr ins Gespräch und die junge Studentin aus Hilpoltstein dachte sich: Warum absolviere ich nicht ein Praktikum am ERHK? Wer Medizin studiert muss mehrere Pflichtpraktika, sogenannte Famulaturen, einlegen. Dotzer tauschte Adressen aus und begann, zurück in Deutschland, sofort mit der Planung, schrieb ein E-Mail an den Klinikdirektor. „Der hat mir geantwortet: ‚Das hatten wir noch nie, aber das können wir machen.‘“ Er stellte ein Einladungsschreiben aus, das Dotzer dem Würzburger Prüfungsamt präsentierte. Schließlich erhielt sie, nach Übersetzung einiger Papiere ins Englische, das Okay für eine Famulatur in Koforidua.
Ende Februar war es soweit. Für mehr als fünf Wochen tauschte Dotzer ihren Studienplatz in Würzburg gegen eine Stelle am ERHK. Von montags bis freitags begleitete sie ghanaische Ärzte bei den Visiten, durfte bei Operationen zuschauen und bei Untersuchungen mithelfen. Anders als viele ihrer Kollegen hatte Dotzer am Wochenende frei. Der Klinikdirektor wollte, dass sie auch etwas vom Land sehen konnte. Je zwei Wochen blieb sie auf den Stationen für Innere Medizin und Chirurgie. Die medizinische Herangehensweise bei Knochenbrüchen oder einer Reanimation (die Dotzer auch erlebte) sei gleich wie in Deutschland. Ein großer Unterschied sei jedoch die Finanzierung der Therapie: Behandlungen und Medikamente müssen Patientinnen und Patienten oder Angehörige selbst zahlen. „Da überlegen die dann schon mal neben dem Krankenbett, welches Mittel sie sich noch leisten können, und welches nicht“, erzählt Dotzer im Gespräch mit der KiZ. Diabetes und viele andere Erkrankungen könnten, anders als in Deutschland, nicht leicht behandelt werden, weil schlicht die entsprechenden Medikamente entweder zu teuer oder gar nicht erst vorhanden sind. „Medizinische Versorgung ist eigentlich ein Luxusgut dort“, stellt Dotzer fest, die während ihres Aufenthalts in Koforidua bei einer Frau wohnte, die sie über COSRA kennengelernt hatte.
„Dankbarkeit und Demut“, empfinde sie beim Blick zurück auf die Zeit in Ghana, sagt Dotzer. Man höre zwar immer, „dass es uns hier gut geht“, aber wenn man dann die Realität dort sehe, werde es einem erst wirklich bewusst.
Hilfe im Pfarrbüro
Mit dem gleichen Flug von München aus nach Accra startete auch Stefan Eberl Ende Februar in sein gut fünfmonatiges Praktikum. Der Ingolstädter, der an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) Religionspädagogik im vierten Semester studiert, ist in der Pfarrei St. Georg in Koforidua im Einsatz. Per Whatsapp-Telefonat erzählt er von seinen Erfahrungen, Eindrücken und Erlebnissen. Regelmäßig begleitet er beispielsweise die Priester bei der Austeilung der Krankenkommunion. Für manchmal bis zu sechs Stunden geht es dann hinaus in verschiedene Gebiete der Pfarrei. Bis zu 23 Haushalte pro Tour werden dabei angesteuert. „Da treffen wir Menschen in ganz ärmlichen Verhältnissen“, erzählt er.
Eberl war im vorigen Jahr beim Fachkräfteaustausch von Koforiduas Generalvikar zum Essen eingeladen worden. Dabei kam die Idee auf, weltkirchliche Erfahrungen zu sammeln und ein Praxissemester in Ghana einzulegen. Gesagt, getan. Es habe zwar einige bürokratische Hürden gegeben, sagte Eberl, aber schließlich konnte er – mit Unterstützung durch Generalvikar Michael Alberter und das Referat Weltkirche der Diözese – das Pastoralpraktikum starten. Seine Professorin Dr. Simone Birkel von der Fakultät für Religionspädagogik und Kirchliche Bildungsarbeit an der KU habe seinen Wunsch nach diesem besonderen Auslandspraktikum gut gefunden, erinnert sich Eberl.
Das Berufsbild eines Religionspädagogen oder Gemeindereferenten sei in Ghana zwar nicht bekannt, aber Arbeit gebe es für ihn genug, sagt Eberl. Jeden Dienstag und Mittwoch ist der 25-Jährige im Pfarrbüro im Dienst. Er hat dort unter anderem einen neuen Briefkopf gestaltet oder Quittungsunterlagen überarbeitet. Das Mittagessen mit den Priestern sei auch immer eine Art Dienstgespräch, erläutert Eberl, der aus Ingolstadt stammt. Die Zeit im Pfarrbüro nutze er auch, um den Unterricht vorzubereiten. Zusammen mit der „weltwärts-Freiwilligen“ Charlotte Büdel (siehe Beitrag rechts) ist er an einer kirchlichen Schule, der „Madonna-School“, im Einsatz. Er unterrichtet dort Fächer wie „Christliche Lebensweise“ oder „Religiöse und moralische Erziehung“, ähnlich wie „Ethik“ in Deutschland. Der angehende Religionspädagoge ist auch in die Sakramenten-Vorbereitung der Pfarrei mit eingebunden. Zweimal in der Woche kommen rund 20-30 Kinder und Jugendliche ins Pfarrheim, für jeweils eineinhalb Stunden. Was ihm generell auffällt: „Es gibt hier eigentlich nur Frontal-Unterricht“, die Schülerinnen und Schüler seien es gewohnt, viel auswendig zu lernen. Kleingruppenarbeit oder aktive Einbindung in den Unterricht würde nicht funktionieren, glaubt Eberl. Allein schon wenn er Bilder oder Fotos zu bestimmten Themen zeige, überfordere das die Klasse oft. Was ihn allerdings überrascht: Die Glaubensvermittlung habe „eine große Tiefe“, alleine die Firmvorbereitung dauere ein Jahr und sei sehr umfangreich. Spaßeshalber habe er einen ghanaischen Katechismus-Test auch einmal seinen deutschen Studienkollegen vorlegt. „Die mussten bei einigen Sachen echt passen oder sehr genau nachdenken“, berichtet Eberl. Der Unterricht läuft auf Englisch, der Amtssprache. Im Pfarrbüro oder bei der Krankenkommunion-Runde stoße er aber auf viele Menschen, die nur Twi sprechen. Einige Wörter habe er in dieser Akan-Sprache gelernt, ergänzt Eberl.
Genauso wie bei einem Pastoralprakikum in Deutschland erhält Eberl auch in Koforidua eine Praxisvergütung. Bei den Kosten für den Flug unterstützte ihn Dr. Gerhard Rott, Leiter des Referats Weltkirche der Diözese. Generalvikar Alberter half mit einem offiziellen Schreiben, dass das Praktikum auch in Deutschland anerkannt wird.
Wie Dotzer ist auch Eberl bei einer Familie, die dem Verband COSRA angehört, untergebracht. Schon im September hatte er sie kennengelernt. Dank der Gast-Geschwister, die zwei, sechs und 16 Jahre alt sind, bekomme er „hautnah das Familienleben“ mit. Er spiele Fußball mit den Jungen, bringe der ältesten Schwester Schwimmen bei und lerne auch viel aus dem Grundschulunterricht mit, wenn er bei den Hausaufgaben helfe. Zusammen mit der Gastfamilie geht es jeden Sonntag zum Gottesdienst in der Kathedrale. Den hat auch Dotzer immer besucht, und danach an den COSRA-Treffen teilgenommen. Für das Jubiläum „25 Jahre AK Ghana“ sammelt Eberl in Koforidua gerade Beiträge für einen Auftritt auf Instagram. 25 Wochen lang sind dort Stellungnahmen oder kleine Geschichten von Ghanaern und Deutschen geplant, die die Partnerschaft miterlebt haben.
Andrea Franzetti
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