„Ringsum ist Felseneinsamkeit ...“
Nein, Mozart ist hier nicht begraben. Der berühmte Sohn der Stadt Salzburg hat auf dem St. Marxer Friedhof in Wien seine vielbesuchte, letzte Ruhestätte gefunden. Doch es kann schon mal passieren, dass man beim Besuch des Petersfriedhofs in der Geburtsstadt des Komponisten gefragt wird, ob man wisse, wo denn hier Mozarts Grab zu finden sei.
Der Friedhof der Abtei St. Peter ist auch ohne international nachgefragte Prominentengräber eine Sehenswürdigkeit mit besonderem Reiz. Er ist in der von Touristen überrannten Altstadt Salzburg so etwas wie eine Oase der Ruhe. Seinen Charakter verdankt der Gottesacker in erster Linie seiner Lage zu Füßen des steil aufragenden Mönchsbergs und der Festung Hohensalzburg am Rande der Altstadt.
Mozart und Trakl
Wer den Petersfriedhof in Salzburg durch die Straße mit dem schönen Namen Bierjodlgasse kommend erreicht, findet hinter einem unscheinbaren Tor an einer Wand ein Gedicht des Lyrikers Georg Trakl, mit dem er dem Friedhof in seiner Heimatstadt ein literarisches Denkmal gesetzt hat. „Ringsum ist Felsen-einsamkeit“, heißt es da und weiter: „Der Himmel lächelt still herab / in diesen traumverschlossenen Garten“. Das Gedicht des 1914 erst 27-jährig Verstorbenen endet mit den Versen: „Indes die Bäume blüh’n zur Nacht / daß sich des Todes Antlitz hülle / in ihrer Schönheit schimmernde Fülle / die Tote tiefer träumen macht.“
Ganz so dramatisch geht es auf dem Petersfriedhof heutzutage nicht zu. Doch kann seine Intimität bei dem einen oder der anderen durchaus poetische Stimmungen hervorrufen. An drei Seiten ist die Anlage von Gruftarkaden umschlossen. Dazwischen sorgt ein Auf und Ab der kleinen Grabhügel für abwechslungsreiche Ansichten. Die unzähligen Kreuze auf den Gräbern sind Ausdruck des Einfallsreichtums der Blechschmiede.Im Zentrum des Areals zieht die außen wie innen mit historischen Grabplatten bedeckte, spätgotische Margarethenkapelle die Blicke auf sich. Dahinter teilt sich der Friedhof mit der Stiftskirche St. Peter eine Mauer. Das Gotteshaus und der Klosterbezirk rund um den weiten Stiftsplatz liegen gleich hinter dem schmalen Friedhofsausgang.
Ursprünglich diente der Gottesacker ausschließlich als Grablege für die Mönche der Benediktinerabtei St. Peter, dem ältesten noch bestehenden Kloster im deutschsprachigen Raum. Gegründet wurde es um das Jahr 696 vom heiligen Rupertus. Auch der Friedhof stammt aller Wahrscheinlichkeit nach aus dieser Zeit. Das Kloster entwickelte sich zur Keimzelle der Kirche in Salzburg, nicht zuletzt, weil seine Äbte als Salzburger Bischöfe fungierten. Es war außerdem einer der Ausgangspunkte der Slawenmission und zudem eine Stätte hervorragender Kultur. Auf dem Petersfriedhof ist diese frühe Phase nicht mehr sichtbar, doch weisen noch zahlreiche Grabinschriften auf namhafte Geschlechter aus dem Mittelalter hin. Der älteste Grabstein erinnert an den 1288 gestorbenen Abt Dietmar.
Der in Salzburg ansonsten allgegenwärtige Barock ist hier seltener anzutreffen. Eine Ausnahme ist etwa das Prunkgrab von Santino Solari, dem Baumeister des neuen Salzburger Doms (ab 1610), das in den Arkaden zu Füßen der Felswand liegt. Später wurde der Friedhof zur Grablege der Salzburger Bürgerschaft, letzte Ruhestätten von Bürgermeistern und Prominenten aus Kunst und Wissenschaft gibt es zuhauf. Seine heutige Form erhielt er 1627 durch den Bau der Arkaden.
Die Familie Mozart ist zumindest mit einer Verstorbenen vertreten. In der in einer Felsnische befindlichen Kommunegruft wurde Wolfgang Amadeus’ Schwester Nannerl beigesetzt. Auch Michael Haydn, ein Zeitgenosse Mozarts und ein bedeutender Vertreter der geistlichen Musik, ist hier beerdigt. Die Seitenwände dieser Gruft sind mit realistischen Totentanz-Motiven gestaltet. Sie stammen von einem unbekannten Meister, der sein Werk – zwölf Bildfelder in Grisaille-Technik auf Holz – um 1660 geschaffen hat. Als Gerippe ist der Tod von schauriger Präsenz. „Warumb liebst hoffart wie ein pfao / bist doch nit grösser alß dein grab“, liest man als deutliche Mahnung an die eigene Sterblichkeit auf einer Tafel.
Von der Kommunengruft aus kann man nach Entrichtung einer Eintrittsgebühr über eine steile Treppe ins Innere des Felsens zu den so genannten Katakomben steigen. Das sind zwei in den Fels geschlagene Höhlen, die jedoch nicht zur Beisetzung Toter gedient haben. Frühchristen sollen sie im 3. und 4. Jahrhundert als Verstecke gedient haben, in denen sie sich zu Gebeten und Messfeiern trafen. Zunächst erreicht man die Gertraudenkapelle, in die im 19. Jahrhundert im historisierenden Stil Altar, Rundbogennischen und ein vermeintlicher Stützpfeiler eingebracht worden sind. Noch höher muss man aufsteigen, um zur Maximuskapelle zu gelangen. Sie wurde anlässlich ihrer Weihe durch den Erzbischof erstmalig 1178 urkundlich erwähnt. Komplettiert wird das geheimnisvolle Ensemble von einer winzigen Glockenstube und einem Austritt, von dem aus der Blick über den Petersfriedhof zu den Türmen der Altstadt schweift.
Die Kapellen, die vom Friedhof aus lediglich durch kleine Öffnungen im Fels zu erkennen sind, setzen durch ihre tragischdüstere Atmosphäre im Zusammenspiel mit dem mahnenden Totentanz einen Kontrapunkt zur eher romantischen Stimmung, die sich beim Spaziergang über den Friedhof, auf dem immer noch Beerdigungen stattfinden, eingestellt hat. „Doch glaubt es leichter hier: wir sehn uns wieder / Es sind die Toten uns nicht ganz verloren“. Diese fast 200 Jahre alten Verse, die Nikolaus Lenau in seinem Gedicht „Der Salzburger Kirchhof“ schrieb, zeugen vom nachhaltigen Eindruck, den der Petersfriedhof schon immer hinterlassen hat.
Ulrich Traub
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