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25.04.2023

„Synodalität ist ein Miteinander“

„Synodalität ist ein Miteinander“

„Synodalität ist ein Miteinander“ - Domvikar Dr. Thomas Stübinger. Foto: Gess

KiZ: Herr Domvikar Stübinger, Sie sind von Bischof Hanke beauftragt, das Thema „synodale Prozesse“ – konkret den Synodalen Weg als auch die Vorbereitungen der nächsten weltweiten Synode – im Bistum zu begleiten und Verbindung und Dialog unter allen beteiligten Personen, Gruppen und Institutionen im Bistum und darüber hinaus zu ermöglichen. Wie stellt sich Ihnen die aktuelle Situation in der Diözese dar, welche Rückmeldungen und Anfragen erreichen Sie derzeit?

Domvikar Dr. Thomas Stübinger: Ich bin erst gestern wieder bei einer Dekanatskonferenz gewesen, in der ich den aktuellen Stand der Weltsynode darstellen konnte. Ich habe bei den Mitbrüdern reges Interesse gespürt, zumal die „Kontinentale Phase“ mit dem Treffen in Prag vom 5.-12. Februar das Thema der Weltsynode wieder stark ins Bewusstsein gebracht hat. Der Weg der Weltsynode begann ja im Oktober 2021 mit der „Diözesanen Phase“. Die Ergebnisse der Bistümer flossen dann ein in das deutsche Gesamtdokument und dieses wiederum floss ein in den europäischen Diskurs in Prag. Frucht der Versammlung der Synode für den Kontinent Europa ist das sogenannte „Concluding Dossier“, das allerdings bisher nur auf Englisch und Italienisch vorliegt und auf der Homepage der Deutschen Bischofskonferenz abrufbar ist. Es ist schon auch eine gewisse Aussage, dass der Text (noch) nicht auf Deutsch vorliegt.

Als „One-Man-Show“ könnte ich das Thema Synodalität in unserem Bistum sicher nicht weiter voranbringen, das würde ja auch dem Wesen von Synodalität widersprechen. Ich bin dankbar, dass unser Diözesanrat das Thema Synodalität im Bistum nachhaltig wachhält. Unser Diözesanratsvorsitzender Christian Gärtner ist ja auch in der Arbeitsgruppe zur Synodalität sehr engagiert dabei gewesen und hat als Delegierter beim deutschen Synodalen Weg beide synodalen Prozesse im Blick. Der Diözesanrat bildet ja auch die Breite der Gruppierungen in unserem Bistum ab und ist daher ein Garant dafür, dass wir möglichst viele auf dem Weg zu einer synodalen Kirche mitnehmen und dafür begeistern.

Anfang April hat sich eine Gruppe von Experten im Vatikan getroffen, um über die zu Ende gegangene kontinentale Etappe der Weltsynode-Vorbereitung und die sieben Schlussdokumente der Versammlungen zu beraten. Ihr Auftrag: die Vorarbeit zur Abfassung des sogenannten „Instrumentum Laboris“, dem Arbeitsdokument für die erste Sitzung der XVI. Bischofssynode. Weckt das, Ihrer Beobachtung nach, bei den deutschen Katholiken ein ähnlich großes Interesse wie der Fortgang des Synodalen Wegs?

Domvikar Stübinger: Medial ist die kontinentale Etappe der Weltsynode bei weitem nicht so präsent gewesen wie etwa die letzte Versammlung des Synodalen Wegs in Deutschland. Leider sind dann auch nur als „Störfeuer“ gekennzeichnete Interventionen aus dem Vatikan thematisiert worden. Das finde ich schade, zumal die Veranstaltung in Prag zum einen die Bandbreite der katholischen Kirche in Europa dargestellt hat und eine Einheit trotz verschiedener Standpunkte im menschlichen Umgang und auch in den Sachfragen sehr positiv erlebbar waren. Ich denke, dass die Weltsynode wieder mehr Aufmerksamkeit bekommt, wenn die Bischöfe sich in Rom beraten.

Die letzte Vollversammlung aller Delegierten des Synodalen Wegs in Frankfurt war eine formal wie inhaltlich höchst herausfordernde Veranstaltung, in der große Emotionen mit im Spiel
waren. Wie bewerten Sie persönlich das Erreichte und welche Chancen sehen Sie im Hinblick auf die Umsetzung einzelner Beschlüsse?

Domvikar Stübinger: Ich denke, es hätte nicht nur der letzten Vollversammlung gutgetan, die Emotionen besser zu kanalisieren. Auf der anderen Seite sind Emotionen auch ein Ausdruck von Leidenschaft für die Sache. Wenn sie nicht destruktiv sind, können sie hilfreich sein. Ich denke, dass der Synodale Weg vielen Außenstehenden gezeigt hat, wie breit die Palette von Meinungen innerhalb der katholischen Kirche ist und dass ein ganz entschiedenes Interesse besteht, die Missbrauchsfälle konsequent aufzuarbeiten. In dieser Intensität und Ehrlichkeit hat das bisher keine andere Institution geschafft und da haben die Delegierten mit ihrem veränderten Blick, nämlich indem sie auf die Opfer und deren Schicksal geblickt haben, sicher eine Pionierleistung für andere Institutionen geleistet. Darauf dürfen wir zu Recht stolz sein! Die Kunst wird darin bestehen, die „deutsche Situation“ und „die Perspektive der Weltkirche“ in Einklang zu bringen. Anders ausgedrückt: Wo kann die Kirche in Deutschland im Hinblick auf ihre pastorale Situation eigenständige Antworten finden, ohne die Einheit im Glauben zu verlieren?

Dass es in Sachen Synodaler Weg Spannungen zwischen Rom und den deutschen Bischöfen gibt, ist länger schon offenkundig. Die Öffentlichkeit hört und liest von Beschlüssen, Briefen, Gesprächen und muss sich aus höchst konträren und oft polarisierenden Einschätzungen eine Meinung bilden. Ein mehrfach gewünschtes, angebotenes, erbetenes Gesprächstreffen zwischen dem Papst und dem Präsidium des Synodalen Wegs kam bis zur Stunde nicht zustande. Wie könnte Ihrer Meinung nach im Hinblick auf die weitere Reformbemühungen des Synodalen Wegs die Kommunikationssituation entspannt und effizienter gestaltet werden?

Domvikar Stübinger: Ich erlebe unseren Papst als einen Menschen, der Synodalität gleichsam in seiner DNA hat. Er ist im Austausch und im Gespräch mit so vielen und ist in der Auswahl der Gesprächspartner sehr offen und manchmal auch sehr unkonventionell. Wir Deutschen sind manchmal in der Gefahr zu glauben, wir seien der Nabel der Welt und sind doch nur ein Teil des großen Ganzen. Dass es in der Herangehensweise in Rom gewisse Standards gibt, ist der Tatsache geschuldet, dass man eine so große Weltkirche schwer anders leiten kann. Das ist kein Ausdruck mangelnder Wertschätzung, zumal jüngst Bischof Gerber von Fulda beim Papst war und dieser ihm versichert habe, dass ihm der Dialog mit Bischöfen aus Deutschland auch angesichts mancher Spannungen wichtig sei.

Fürchten Sie eine weitere Eskalation in der Debatte über die „neuen Leitungsorgane“ Synodaler Ausschuss und Synodaler Rat?

Domvikar Stübinger: Ich fürchte keine Eskalation, weil alle Beteiligten eine echte Sorge um die Kirche und deren Zukunft haben. In der Sache kann es kontrovers zugehen, im Wesen wollen aber alle konstruktiv zusammenbleiben. Die „neuen Leitungsorgane“ können sicher auch Thema in den Konsultationen der Bischofssynode sein. Es wäre aber nicht fein und auch nicht redlich vorher gleichsam vollendete Tatsachen zu schaffen. Das ist nicht nur eine Frage des Stils. Synodalität ist kein Gegeneinander, sondern ein Miteinander. Es darf keine Sieger und keine Besiegten geben, wie das Romano Guardini einmal so schön formuliert hat: Im Reich Gottes gibt es keine  Sieger und Besiegten, sondern nur im Herrn Versöhnte.

Interview: Michael Heberling


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