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Serie: Lebensfragen - Lebenshilfe

03.04.2015

Positiver Schwung in der Partnerschaft

Für die Paartherapeutin Marianne Walzer kann nur wachsen, was wir liebevoll wahrnehmen und benennen. Sie schreibt: "Eine Pflanze, die keine Nährstoffe bekommt, geht ein, stirbt ab. Der Nährstoff der Liebe, ja der Dünger, ist die Ausrichtung auf das Positive. Die Betonung des Positiven ist die Sprache der Wertschätzung, welche den Frieden in der Paarbeziehung fördert".

Lassen sie mich diese Aussage der anhand eines Beispiels verdeutlichen:
Holger (48) ist seit 21 Jahren mit der gleichaltrigen Anna verheiratet. Der Besitzer eines Musikfachgeschäftes ist bei seinen Kunden sehr beliebt. Trotz einiger geschäftlicher Rückschläge hat er sich sein positives Menschenbild bewahrt, das sich in seinem tiefen Grundvertrauen zu den Mitmenschen ausdrückt. Seinem optimistischen Naturell entsprechend nimmt er in der Ehe mit Anna neben dem vielen alltäglichen Herausforderungen und Belastungen auch sehr feinfühlig die vielen positiven Momente wahr. Anna gefällt besonders, dass ihr Mann ihr immer wieder Dinge, die er im Leben mit ihr schön findet, durch Blicke, Gesten und Worte ("In diesem Kleid bist du besonders schön!", "Damit hast du mir wirklich sehr geholfen", etc.) mitteilt.

Die gute Dynamik in ihrer Beziehung schlägt sich auch in einer positiven Erfolgserwartung (das Gegenteil wäre eine Misserfolgserwartung) von Holger gegenüber Anna und umgekehrt nieder. In diesem Zusammenhang spielt besonders das psychologische Phänomen der "selbsterfüllenden Prophezeiung" eine wichtige Rolle, das ich Ihnen im Folgenden kurz vorstelle.

Selbsterfüllende Prophezeiung

In den 1960er-Jahren erforschten der Psychologe Robert Rosenthal und die Schulleiterin Lenore Jacobson den Einfluss sozialer Erwartungen im Zusammenleben von Menschen, den sogenannten "Pygmalioneffekt". Im Rahmen einer Studie an amerikanischen Grundschulen wählten sie einige Schüler rein zufällig aus und erklärten den Lehrern, dass diese Kinder besonders begabt seien und dass bei ihnen in der nächsten Zeit eine große Leistungssteigerung zu erwarten sei. Tests nach einem Jahr zeigten, dass genau diese zufällig ausgewählten Schüler ihre Leistungen viel stärker steigern konnten als die Schüler einer Kontrollgruppe. Die Erwartung der Lehrer hat das Verhalten im Unterricht gegenüber diesen Schülern durch die Schaffung einer freundlicheren und spannenderen Lernatmosphäre, durch die häufigere Nutzung von Lob und konstruktiver Kritik so beeinflusst, dass die Prophezeiung der beiden Wissenschaftler wahr wurde.

In der Medizin wurde der Einfluss der Erwartung beziehungsweise der positiven selbsterfüllenden Prophezeiung bei den Forschungen zum Placebo-Effekt deutlich. Placebos sind Präparate, beispielsweise Tabletten, die keine medizinisch wirksamen Inhaltsstoffe enthalten. Tritt nach Einnahme eines solchen Placebos eine Verbesserung des Patientenzustandes ein, spricht man vom Placebo-Effekt. Die positive Erwartung des Patienten, dass beispielsweise die Schmerzen nachlassen, reicht aus, um tatsächlich eine positive Entwicklung, etwa eine Schmerzlinderung, zu erzielen.

Kehren wir wieder zu Holger und Anna zurück: Ihre gemeinsame Entwicklung gleicht einer sich nach oben bewegenden Spirale. In Anlehnung an den Spruch "Erfolg nährt Erfolg" wird in ihrer Ehe deutlich, dass ein guter und positiver Umgang miteinander eine weitere positive und wohltuende gemeinsame Entwicklung nährt. Erfahren die Partner in einer Liebesbeziehung positive Impulse voneinander, fühlen sie sich anerkannt, ermutigt, ihr Selbstwertgefühl wird gestärkt, etwaige Selbstzweifel werden abgebaut. Beide werden angeregt, positiv wahrzunehmen, zu fühlen, zu denken und dementsprechend beherzt, feinfühlig und kreativ zu handeln.

Liebe Leserinnen und Leser, ich wünsche Ihnen für das Zusammenleben mit Ihren Lieben reichlich positiven und österlichen Schwung.

Dr. Gerhard Nechwatal, Kirchenzeitung vom 5. April 2015

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