Serie: Lebensfragen - Lebenshilfe
Vertrauen – eine zarte Pflanze
Kurz nach 23 Uhr auf der Autobahn. Doris (38) und ihr gleichaltriger Mann Guido fahren nach einem tollen Konzert ihrer Lieblingsband nach Hause. Guido fährt. Als er bemerkt, dass Doris auf dem Beifahrersitz entspannt schläft, steigt in ihm ein Glücksgefühl hoch. „Mein Gott“, denkt er sich, „wie schön es ist, dass sie mir, als Fahrer und überhaupt in unserer Partnerschaft, so vertraut“. Erst als er das Auto vor ihrer Wohnung einparkt, wacht Doris auf. Noch ganz verschlafen murmelt sie: „Gut bist Du gefahren, mein Schatz“.
Liebe Leserinnen und Leser, im Folgenden möchte ich Ihnen einige Gedanken über die Bedeutung des gegenseitigen Vertrauens in einer Partnerschaft vorstellen: Wie alles menschliche Zusammenleben baut auch das anspruchsvolle Miteinander in einer Partnerschaft auf der Grundlage des Vertrauens auf. Neben der großen Bedeutung des Empfangens von Vertrauenssignalen von Seiten des Partners – wie in der eben erwähnten Geschichte geschildert – möchte ich auf die Bedeutung des aktiven Gebens von Vertrauenssignalen für das Gelingen einer Partnerschaft hinweisen. Entscheidend dabei ist es, dass die Partner ihre Signale an den geliebten Anderen aus der tiefen Überzeugung eines positiven Menschenbildes heraus senden. Das bedeutet, dass die Partner einander grundsätzlich als fähig und willig ansehen und dass ihr gemeinsames Leben von einem positiven und optimistischen Vertrauensvorschuss – statt durch einen Misstrauensvorschuss – geprägt ist.
In einem Interview erwähnt ein 44 Jahre alter Ehemann folgendes Beispiel: „Ich finde, man sollte immer Vertrauen in die Fähigkeiten des Ehepartners haben. Ich bemühe mich stets, für meine Frau ein guter Beifahrer zu sein. Ich traue ihr selbstverständlich zu, dass sie sowohl das Auto als auch alle Insassen sicher ans Ziel bringen wird. Mein Tipp: Trauen Sie sich in Ihrer Partnerschaft gegenseitig etwas zu!“ Unser Vertrauen in den Partner ist durch die positive Erwartungshaltung „mein Partner meint es gut mit mir“ gekennzeichnet. Es gibt uns das Gefühl von Geborgenheit und Nähe und macht uns bereit, dem Partner Liebe zu schenken. Je mehr positive Erfahrungen wir in dieser Hinsicht mit dem Partner machen, desto mehr wächst auch das Vertrauen zu ihm.
In einer guten Partnerschaft beruht das Vertrauen auf Gegenseitigkeit und erfordert Mut, sich aufeinander einzulassen. Für Nadine Magg ist „Vertrauen Gewissheit ohne Beweis“. Nach Ansicht der Autorin gilt es, in einer Partnerschaft sorgsam auf folgende drei grundlegenden Prinzipien zu achten: 1. Zum Vertrauen gehört es, dass man sich auf seinen Partner verlassen kann, also dass seine Worte und Taten übereinstimmen und dass er seine Versprechen einhält. 2. Zu einer vertrauensvollen Beziehung gehört es auch, dass man dem anderen die Wahrheit sagt. Statt durch eine Unwahrheit einen Fehler zu verschleiern, ist es nach Magg besser, „immer gleich die Wahrheit zu sagen“. Die Autorin meint: „Fehler können jedem passieren. Wenn man seinen Partner zu oft belügt, weiß der irgendwann nicht mehr, was er einem noch glauben kann. Vertrauen auf diese Weise zu verlieren geht schnell, es wieder aufzubauen braucht viel Zeit“. 3. Vertrauen in der Partnerschaft zeigt sich auch darin, dass man Dinge, die der Partner einem anvertraut hat, für sich behält und nicht an Außenstehende weitererzählt.
Liebe Leserinnen und Leser, zum Schluss meiner Ausführungen lade ich Sie noch anhand folgender vier Fragen zu einer kleinen persönlichen Reflexion zum Thema „Vertrauen“ ein: Halten Sie in Ihrer Partnerschaft gegenseitig Ihre Versprechungen ein? Was denken Sie, wenn Ihr Partner später als erwartet nach Hause kommt? Können Sie Ihrem Partner persönliche Dinge anvertrauen? Können Sie einander offen die Wahrheit sagen? Otto von Bismarck schrieb einmal: „Vertrauen ist ein zarte Pflanze“. Für das Hegen und Pflegen dieser zarten Pflanze in Ihrer Partnerschaft wünsche ich Ihnen viel Glück.
Dr. Gerhard Nechwatal, Kirchenzeitung Nr. 36 vom 4. September 2016
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